© Heimat und Geschichtsfreunde Rommerz


Die Kemmete ist ein Kind des Vogelsberges und seiner beträchtlichen Jahresniederschlagsmengen. Der gewaltige, nahezu ebenmäßig geformte Basaltbuckel ist vulkanischen Ursprungs. Im Unterschied zur Form des Kegelvulkans - siehe hierzu die Region  des Hess. Kegelspiels im früheren Kreis Hünfeld - gehört der Vogelsberg aufgrund seiner sanften Aufwölbung zur Art  des Schildvulkans. Als mächtige Basaltdecke, die sich über die Formation des Buntsandsteins legt, ist der Vogelsberg die größte Basaltfläche Europas:

Die klimatischen Gegebenheiten dieses Mittelgebirges führen dazu, dass die  Basaltregion das Quellgebiet von mehr als 20 Bächen und Flüssen ist, die allesamt die Flanken der Hohen strahlenförmig verlassen und ihren Einmündungen zufließen. Neben diesen Fließgewässern verzeichnet der Vogelsberg eine Anzahl von kleineren wie auch größeren Seen. Am bekanntesten ist der Gederner und Niedermooser See. Die von Westen und Nordwesten hertreibenden Wolken machen das Gebirge gleichsam zum "Regenfänger".  Die Regenwolken erbringen nach ihrem Aufstieg und der Abkühlung in der Höhe als Steigungsregen insbesondere an der West- und Nordwestflanke des Gebirges, dem "Luv", bis zu 1200 mm Niederschlag. Im Vergleich zur Ostseite und dem Fuldaer Becken, im Regenschatten, dem "Lee" des Vogelsberges gelegen, beträgt die Niederschlagsmenge pro Jahr ca. 650 mm. Da die Basaltdecke die Niederschläge nur schwerlich in die Tiefe sickern lässt, tritt das Wasser in zahlreichen "Quwelhorizonten" zutage, bildet alsbald  Rinnsale und Bachläufe und speist in sogenannten Basaltwannen Seen und Teiche.

Der Abfluss des Reichloser See`s in östliche Richtung, zunächst noch ein kleines Gewässer, nimmt auf seinem Lauf durch die Gemarkungen von Reichlos, Weidenau und Hauswurz mehrere Wasserläufe auf. Ich erwähne hierbei das Mengen Wasser, das Ziegelteichwasser und das Hängsberger Wasser. Ab Hauswurz führen die in einem Bach vereinigten Wasserläufe den Namen Kemmete.

Die nunmehr recht erträgliche Wassermenge im Kemmetebach ließ es zu, dass sich vor Zeiten mehrere Mühlen ansiedeln konnten, um die Wasserkraft für ihre Mahlwerke zu nutzen. Ich führe an:

die Lauermühle die Steinhäuser Mühle  
die Bastenmühle die Oberkemmetemühle  
die Schlagmühle die Untere Kemmetemühle  


Oberhalb der letztgenannten Mühle tritt an einer Quelle eine größere Wassermenge zutage. Dieses Wasserreservoir diente über Jahrzehnte hinweg der Gemeinde Rommerz zur Versorgung mit Trinkwasser. Nachdem die Leitung über die recht lange Strecke zum Rommerzer Wasserhochbehälter immer wieder Schäden aufwies, hat die Gemeinde eine Quelle in Ortsnähe erschlossen. Mit dem Bau einer Pumpstation im Kemmetetal und der Vollendung der Wasserzuleitung zum Hochbehälter 1949 wurde die Wasserentnahme aus dem oberen Kemmetetal eingestellt.

In zahllosen Windungen, Mäander genannt, schlängelt sich die Kemmete, umsäumt von Erlen, Weiden, Eschen, Haselnusssträuchern u. a. m. durch ein idyllisches Wiesental. Beidseitig wird der Talgrund von Hauswurz bis nach Rommerz von Buchen- und Mischwald umgrenzt. Nahezu in Vergessenheit geraten ist die Funktion des Baches als Wasserspender für das Wiesental. Über ein gut funktionierendes Bewässerungssystem wurden die Wiesen bei starker Wasserführung der Kemmete gezielt bewässert. Das überlegt geplante und zweckmäßig angelegte Grabensystem ermöglichte über die oft kilometerlangen Wasserführungen unter Berücksichtigung des für den Wasserlauf notwendigen Gefälles diser Wässerung des gesamten Tals. Der Wasserverteilungsplan, von den Nutzern im sogenannten "Wasserbuch" der Gemeinde aufgezeichnet, hatte Bestand bis zur Flurbereinigung in den 50-er Jahren. Die behördlichen angeordneten Eingriffe im Rahmen der Umgestaltung der Gemarkungsareale veränderten durch Grundstücksumlegungen und die Schaffung neuer Wirtschaftswege auch das Wiesental derart, dass das Grabensystem der "Wasserkunst" im Kemmetetal nur noch an wenigen Stellen erkennbar ist. Auch die Wehranlagen, notwendig für den Wasseraufstau, sind nach der Beseitigung der mächtigen Sandsteinquadern nur noch als Ruinen wahrnehmbar. Sehr zu bedauern ist die Aufgabe der von unseren Vorfahren über lange Zeit hinweg praktizierten Wasserverteilung. Wander- und Urlaubsfreunde Südtirols werden sich bewundernd an das dortige Bewässerungssystem der "Waale" für die Obst- und Weingärten erinnern.

Wenige hundert Meter unterhalb der Hauswurzer Mühen verlässt die Kemmete die Basaltdecke des Vogelsberges, wenngleich zunächst noch beträchtlich Mengen vom Wasser mittgeschleiftes, rundlich geformtes Basaltgestein im Bachbett lagern wie auch seine Ränder säumen. Das mit ca.  80 m zu verzeichnete Gefälle des Baches auf der Strecke von Hauswurz bis Rommerz verleiht der Kemmete den Charakter eines Gebirgsbaches. Alsdann dringt der Bach in den Buntsandstein ein, deutlich sichtbar in der Nähe des Sportplatzes.

Nicht jeder Rommerzer hat Kenntnis vom Fischreichtum des Gewässers, obgleich so manche Forelle von flinker Hand gefangen und in der Bratpfanne als leckere heimische Köstlichkeit zubereitet wurde. Der gesamte Wiesengrund diente bis in die jüngste Zeit insbesondere der Ernte von Heu und Grummet. Beide Schnitte zeichnen sich durch sehr gute Futterqualität aus. Derzeit steht die Bereitung von Silage wie auch die Beweidung des Tales stärker im Vordergrund.

Im Ortsbereich von Rommerz speiste die Kemmete mit ihrem Wasser einstmals 5 Mühlen, die das erforderliche Wasser für den Antrieb der Mahlwerke über Abzweige aus dem Bachlauf erhielten. Die hierfür angelegten Kanäle sind größtenteils heute noch sichtbar. Der größte Zulauf führte gleichsam als Bachbett zur Bowelsmühle. Die Rommerzer Mühlen, die bereits vor Jahrzehnten ihr Werk eingestellt haben sind unter folgenden Namen bekannt:

Schlagmühle  
Ochsenmühle  
Mittelmühle  
Engelsmühle  
Bowelsmühle  
 


Letztgenannte war die größte Rommerzer Mühle, die, ungeachtet ihrer Neukonzeption in den 50 -er Jahren durch Hermann Jökel, ihre Arbeit eingestellte. Der Sohn des Müllers, Willmar Jökel, erlernte noch das Handwerk eines Müllers, konnte jedoch in Anbetracht des "Mühlensterbens" seinen Beruf nicht mehr ausüben.

Muehlgraeben  Rommerz  
                                                          Der Verlauf der Mühlgräben in Rommerz



Im Bereich des Hinterdorfes erfuhr die Kemmete nach Kriegsende infolge von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen Begradigungen und Uferbefestigungen beträchtliche Veränderungen. Diese fanden ihre Fortsetzung im Rahmen der Flurbereinigung in Rommerz. Diesbezüglich  erfolgte die völlige Umleitung des Bachlaufs in südliche Richtung, um vorhandene Sauerwiesen im Stürich besser entwässern zu können. Der nunmehr reduzierte Wasserzulauf zur Bowelsmühle blieb aus wasserrechtlichen Vorgaben allerdings erhalten.

Im Zuge der Umgestaltung der Gemarkung verschwanden die Brücke am "Kirchhof" sowie die beiden Stauwehre. Bekanntermaßen diente die Bachbetterweiterung am "Stüricher Wörfel" bestens als Badeanstalt für die Rommerer Kinder und Jugendliche. Auch die Gepflogenheit, das Gießwasser für die Gräber auf dem nahe gelegenen Friedhof aus der Kemmete zu schöpfen, fand mit der Umlegung des Baches ihr Ende. Unterhalb der Bowelsmühle weitet sich der Talgrund zu einem beachtlichen Wiesenareal. Nach dem Eintritt der Kemmete in die Neuhöfer Gemarkung erfuhr der Bachlauf eine Verlagerung und die Zuleitung des Wassers zur Schaubmühle wurde abgeschnitten. Als letzter Zulauf bringt die Lütz ihr Wasser aus dem Lützgrund in den 20 Km langen Kemmetebach ein, ehe das Wasser mit seinem Ursprung aus dem Vogelsberg der Fliede zuströmt.

Erwin Rübsam rem 72012