© Heimat und Geschichtsfreunde Rommerz

 

Die Existenzmöglichkeiten in Rommerz waren im vergangenen Jahrhundert nur durch die Arbeit auf dem eigenen bäuerlichen Anwesen und durch die ausschließliche Betätigung im heimischen Handwerk gesichert. Um in der damaligen Zeit heiraten zu können, bedurfte es des Nachweises eines gewissen Vermögens. Armut und Not herrschten überall in unserem Dorf. Es war keine Seltenheit, wenn eine Familie 10 Kinder ernähren musste. Die Sterblichkeitsrate bei Kindern und auch bei Erwachsenen war hoch. Häufig starb ein großer Teil der Kinder bei der Geburt oder im späteren Kindesalter. Die Frauen hatten es durch ihre Belastung in der Landwirtschaft und durch die Erziehung ihrer Kinder mehr als schwer. Häufig starben sie am Kindbettfieber oder an anderen heimtückischen Krankheiten. Zwei bis drei Ehen waren keine Seltenheit für einen Mann.

Nur ein Kind konnte den Hof der Eltern übernehmen, nötigenfalls konnte noch einer als Beisitzer auf dem Anwesen wohnen, oder man musste die Gelegenheit suchen, möglichst in ein anderes Gut einzuheiraten. Nicht allen war dies vergönnt, vor allem den Letztgeborenen einer Familie nicht. So mussten viele als ledige Mitbewohnen des Hofes, als Tagelöhner, Knechte und Mägde ihr klägliches Dasein fristen. Eine Industrie kannte man noch nicht, was die wirtschaftliche Lage auf einem niedrigen Niveau hielt.

 
Brief Auswanderera
Brief Auswandererb

 

All diese Nöte und Entbehrungen veranlassten die Menschen der damaligen Zeit nach einer neuen Lebensgrundlage zu suchen. Die Nachricht von einer besseren Welt war schon lange nach Rommerz gedrungen. Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, verstärkte im Laufe des 19.Jahrhunders gewaltig seine Anziehungskraft auf die Menschen der Alten Welt. Die Möglichkeiten und Angebote auszuwandern, verbesserten sich immer mehr. Viele Rommerzer machten nun davon Gebrauch, einen Antrag für die Ausreise von der Alten in die Neue Welt zu stellen. Meist waren es junge Leute voller Unternehmungsgeist, oft unter 20 Jahren und im wehrpflichtigen Alter, ledige Geschwister sowie ganze existenzlose Familien, die ihr Glück auf eine lebenswerte Zukunft in dem neuen, unbekannten Land suchten. Für jeden Einwanderer, der genug Tatkraft und Strebsamkeit mit nach Amerika brachte, bot sich die einzigartige Möglichkeit, vorwärts zukommen.

Hier nun eine Aufstellung der uns bekannten Auswanderer und ihre Herkunft:

1829 - Die erste Auswanderin war die ledige Leinweberstochter Anna Maria Klug aus dem Haus 20, Bonese - Caline

1835 - Der ledige Conrad Heinrich Heil aus Haus 19, Schäfers;
       - der ledige Johann Heinrich Hack aus Haus 50, Aspenhof (Ritzels).

1836 - Der Hüttner Johann Georg Föller mit Frau und 6 Kindern aus Haus 14, Hannpaulshütte (verkauft an die Familie Klug von Flieden);
       - der Witwer Johann Heinrich Haseneier mit seinem Sohn J. Joseph und seiner Tochter Anna Elisabetha aus Haus 11, Börnschnieresch                     (verkauft an  Conrad Heil von Flieden);                                                                                                                                                 - der Müller Johannes Albinger mit der Frau und seien 2 Kindern aus Haus 52, Engelsmühle (verkauft);

1837 - Der ledige Melchior Schad aus Haus 46, Adems (Fara - Binuse). Starb kurz nach seiner Ankunft 1837 in Louiseville;
       - der ledige Joseph Henkelaus Haus 42, Birks. (Starb schon 1837 bei seiner Ankunft im Hafen von Baltimore);
       - der ledige Sebastian Hartmann aus Haus 39 Bänez;
       - der Bauer Johann Adam Besel (Eigentümer des Deckhauses (Haus 3)) mit seiner Frau und den 3 Kindern nebst seinen 3 ledigen  Geschwistern              Johann Joseph, Johann und Anna Katharina mit ihrem Kind;
       - der ledige Johann Möller aus Haus 10, Klashütte;
       - der Hüttner Augustin Heil mit seiner Frau und 2 Kindern aus Haus 19, Schäfer;
       - der ledige Johannes Schmitt;
       - der Hüttner Johann Georg Föller mit seiner Frau und Kind aus Haus 34, Gorre;
       - die drei ledigen Geschwister Eva Katharina, Maria Barbara und Anna Margaretha Trüschler (letztere mit ihrem Kind) aus Haus 16, Mertes;
       - die drei ledigen Geschwister Augustin (sen.), Caspar und Augustin (jun.) Wehner.

1839 - Die ledige Gertrud Heil mit Kind aus Haus 19, Schöffesch. Sie folgte ihren Verwandten;
       - die ledige Elisabetha Diel aus Haus 27, Joars.

1840 - Der ledige Carl Schad aus Haus 44, Scholthes. (Er starb schon 1843 in Princeton im Staate Mississippi).

1841 - Die ledige Franziska Bien
       - der Nothüttner Heinrich Haseneier aus Haus 8a, Klenneres. Er verließ seine Hütte, seine Frau und 6 Kinder;
       - der ledige Peter Franz Heurich aus Haus 25, Schnieresch.

1846 - Der ledige Johann Wiegand aus Haus 57, Schmitts;
       - der ledige Andreas Möller aus Haus 10, Klashütte. (Er folgte seinem Bruder).

1847 - Der ledige Johann Adam Raab;
       - der Beisitzer des Neupetershofes (Peresch), Haus 47, Johann Georg Schmitt mit Frau, einem Kind und den 2 Stiefkindern Anna Margaretha und           Peter  Walter;
        - die ledige Margaretha Diel und ihr Sohn aus Haus 27, Joars. Sie folgten ihrer ältesten Tochter.
        - der ledige Joseph Staubach aus Haus 28, Metzgers (Mägdesch);
        - der ledige Peter Heurich aus Haus 25, Schnieresch. (Er folgte seinem Onkel);
        - die ledigen Geschwister Anna Maria und Johannes Diel aus Haus 27, Joars. (Sie folgten ihren Verwandten);
       - der Nothüttner Johannes Föller mit seiner Frau aus Haus 10a (Fladungs- Häuschen). Er verkaufte das Häuschen für 259 Gulden.

1848 - Der Beisitzer Johannes Möller mit Frau und 2 Kindern aus Haus 10, Klashütte. (Sie folgten ihren Verwandten);
       - der Hüttner Johann Georg Noll mit Frau und einem Kind aus Haus 31, Konrädges. (Er verkaufte den Hof an die Familie Schiebener);
       - der Hüttner Johann Georg Fritz mit Frau und 4 Kindern aus Haus 16b, Kasperhütte (Staubachs). Er verkaufte die Hütte für 1150 Gulden                  an die Familie Schnorr von Neuenberg.

1852 - Der Bauer Johannes Schnaus mit Frau und 5 Kindern aus Haus 22, Schnause. (Er verkaufte den Hof für 5000 Gulden an die Familie Auth);
       - der Beisitzer Conrad Auth mit Frau und 2 Kindern sowie sein lediger Bruder Constantin Auth aus Haus 6, Scholzheinriche;
       - die ledigen Geschwister Johann und Elisabeth Heil aus Haus 52, Engels;
       - der ledige Bernhard Henkelaus Haus 55, Krüz;
       - die ledige Oberförstertochter Maria Anna Theresia Graner mit ihrem Kinde aus Haus 56a, Oberförsterhaus;
       - der ledige Johannes Diel aus Haus 5, Hummelchershof;
       - der ledige Johann Franz Trüschler aus Haus 16, Mertes (er folgte seinen 3 Tanten);
       - der ledige Johann Heinrich Licht aus Haus 15, Stephes (Dura);
       - der ledige Johannes Löffler aus Haus 40, Säuhirte (Daduse);
       - der ledige Johann Georg Balzer aus Haus 3a, Scheiche.

1853 - Der ledige Heinrich Joseph Wehner aus Haus 22b, in der Hohle (heute Faulstich).

1854 - Die ledige Paulina Diel aus Haus 7a ( Rübsams;
       - der Hüttner Johann Christoph Kreß mit Frau und 4 Kindern aus Haus 41, Hannpeters. (Das Haus verkaufte er);
       - die ledige Katharina Paulina Licht aus Haus 15 Stephes (Dura)
       - der ledige Johann Adam Klug aus Haus 8b, Wächters- Klugs.
       - die ledige Anna Katharina Fritz aus Haus 33,Belze - Mertes (Fritze)
       - die ledige Maria Regina Weber aus Haus 15, Stephes Dura). Sie folgte ihren Verwandten.

1855 - Der Müller Johannes Schad mit Frau und 7 Kindern aus Haus 36, Ochsenmühle. (Er verkauft die 1854 abgebrannte Mühle an seinen                        Vetter Leopold  Schad aus Scholthese, der im Jahr 1880 mit seiner Familie ebenfalls nach Amerika ging).

1880 - Der Müller Leopold Schad und Familie;
        - die ledigen Geschwister Bertha und Hildegard Schad aus Haus 3a, Deckhaus.

1882 - Der ledige Benedikt Möller aus Haus 56, Scholzjörge.

1885 - Der ledige Peter Jahn aus Haus 56, Scholzjörge. (Er folgte seinem Onkel Benedikt Möller und seinen Verwandten aus Schweben);
       - der ledige Karl Klug aus Haus 21, Wirths (Mande)

1906 - Der ledige Joseph Krah aus Haus 36, Ochsenmühle.

1924 - Die Familie Emil Schmitt, Hohlschmitte

1929 - Als letzte Auswanderin Minna (Irmina) Heidenreich geb. Heil, geboren am 25.10.1902 aus Haus 10a, Äpelschnieresch. Minna war verheiratet mit Leo Heidenreich von Weidenau. Beide lebten in Pittsburgh, Pennsylvania. Leo Heidenreich starb am 29. Juli 1982 im Alter von 82 Jahren. Minna Heidenreich starb am 9. November 1987.

140 namentlich bekannte Nordamerikaauswanderer zählt Rommerz von 1829 bis 1930. Eine relativ große Zahl im Gegensatz zu anderen Dörfern in unserer Gegend, auch wenn man bedenkt, dass Rommerz im vergangenen Jahrhundert je nach Lage nur 500 - 700 Einwohner zählte. Fast aus jedem Hof und jeder Hütte gingen Rommerzer in das neue, unbekannte Land. Mit Sicherheit sind alle heutigen einheimischen Dorfbewohner in irgendeiner Weise mit den Auswanderern von Rommerz verwandt.

Ganze Anwesen wurden aufgegeben, Vermögen und Güter verkauft, um voller Hoffnung die beschwerliche Reise über den großen Teich zu wagen. Bis zu 70 Tagen, je nach Windverhältnissen, dauerte die Fahrt auf den damaligen Segelschiffen. Viele Leute starben schon bei der Reise an Skorbut, an anderen Seekrankheiten oder bei der Ankunft an Erschöpfung.

Oft trog der Schein der neuen Welt und für jeden Einwanderer, der amerikanischen Boden betrat, war die Zukunft unsicher. In mühevoller und jahrelanger Arbeit erwarb man sich durch Rodung und Bebauung von Land seine Existenz. Aller Anfang ist schwer und genau so war es auch hier.

Da das Heimweh sehr groß war, bestanden in der ersten Zeit noch starke Bindungen zu alten Heimat. Man gewann mit der Zeit neuen Lebensmut und das Heimweh flaute mit der Zeit und in den nachkommenden Generationen ab. Seinen Verwandten schrieb man in den Briefen meist über die glückliche und zufriedene Lage im neuen Land, um sie ebenfalls dorthin zu locken. Oft folgten die Zurückgebliebenen ihren vorausgegangenen Angehörigen.

Heute noch weiß man aus mündlichen Überlieferungen in unserem Dorf zu erzählen, welch ein trauriger und ungewisser Gang es war, wenn die Eltern ihre jungen Söhne und Töchter zur Abreise nach Fulda oder nach Neuhof zum Bahnhof brachten. Die Trennung fiel schwer und mancher wäre lieber hier geblieben, aber die Reise war bereits bezahlt. Für jeden war es schwer, dem Heimatdorf den Rücken zu kehren. Auswandern hieß, auf immer seine Heimat verlieren, eine Fahrt ins Ungewisse zu wagen und auf Nimmerwiedersehen mit den Familien, Verwandten und Freunden.

Im Jahr 1982 wanderte aus Rommerz Frau Anna Möller (Trittis - Trüdies) mit ihren Kindern Inge, Winfried, Rudolf und Brunhilde nach Paraguay (Südamerika) aus. Sie ließ sich in der Nähe der Hauptstadt Asuncion und der Nähe der Iquazu Wasserfälle nieder. Das Anwesen in Rommerz verkaufte sie 1982/1983 an die Familie Theo Schad (Deck) aus Rommerz.

Quelle: -"Rommerz 50 Jahre Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 1934 - 1984"
Herausgegeben von Pfarrer Erwin Sturm
Bericht: Über die Rommerzer Auswanderer nach Nordamerika von Ralf Atzert

 mas 92013