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Sein Werkstoff ist Holz

Josef Schad – vom Schreinermeister zum Holzschnitzer

Aus dem Jahrbuch des Landkreises Fulda 1988, von Jürgen Menigat

Josef Schad wurde am 13. März 1914 in Rommerz als Sohn des Schreinermeisters Karl Schad und dessen Ehefrau Martha geboren. Von seinem Vater hat er sicherlich auch seine handwerkliche Ader geerbt. Bis zu seinem 7 Lebensjahr wohnte er bei seinem Onkel auf dem Bauernhof. Als dann im Jahre 1921 seine Eltern mit dem Wohnhausneubau in Rommerz in der Maigrabenstraße begannen – es war das erste Haus in der Straße – musste auch der junge Josef, genau wie seine Geschwister, bereits mit anpacken. Das Gelände war felsig, es wurde viel mit der Spitzhacke gearbeitet. Die Arbeit war mühselig, denn die heutigen Hilfsmittel gab es natürlich noch nicht. Nachdem dann noch eine Kuh und einig Hühner angeschafft wurde, lebte die Familie in aller Bescheidenheit, aber glücklich, in ihrem neuen Heim.

Mitte 1925 starb plötzlich der Vater, Karl Schad, mit 40 Jahren an einem Herzschlag, seine Witwe stand nun mit drei Kindern alleine da. Josef musste mit 14 Jahren von November 1928 bis März 1932 das Schreinerhandwerk erlernen, was ihm großen Spaß bereitete. Das Ende der 20er Jahre war wirtschaftlich eine Katastrophe, und wie ein Großteil der Bevölkerung war auch Josef Schad arbeitslos und konnte in seinem liebgewonnenen Beruf nicht arbeiten. Um Geld zu verdienen und seine verwitwete Mutter zu unterstützen, arbeitete er eine Weile als Waldarbeiter, sowie an der Regulierung der Kemmete, des Baches, der von Hauswurz kommend über Rommerz nach Neuhof fließt. Nach der Machtübernahme Hitlers 1933 meldete er sich, wie viele seiner Altersgenossen, zum Arbeitsdienst. Josef wurde dem Lager in Hosenfeld zugeteilt, von wo aus die Straßen und Wege gebaut wurden. Im Lager selbst herrschte Militärische Ordnung. Er musste mit Kameraden von Rommerz nach Hosenfeld laufen, da Fahrräder damals unerschwinglich waren.

Bei Medler ging es los

Mitte der 30er Jahre ging es wirtschaftlich wieder aufwärts, da vielerorts Beschäftigungsprogramme in Kraft gesetzt wurden. Josef Schad konnte endlich in seinem gelernten Beruf arbeiten, seine ersten Wirkungsstätten waren in Petersberg und Neuenberg bei der Firma Medler. Es wurden Kasernen aus- und umgebaut, die Aufrüstung war überall spürbar.

Kaum hatte Josef die zwei Jahre Militärdienst abgeleistet, wurden die ersten Kameraden zum Polen-Feldzug eingezogen. Seine Einberufung hatte Josef Schad am 28. August 1939 erhalten und bereits am 3. September 1939 wurde er mit seiner Einheit nach Westen an die belgische Grenze verlegt. Kaum waren sie in Belgien einmarschiert, wurde er verwundet. Nach einem Lazarettaufenthalt kam er zurück zu seiner Einheit, die jetzt kampfbereit in Frankreich lag. Nach kurzer Zeit begann der Krieg im Osten, der Verband wurde wiederum verlegt. Bei den schnellen Vorstößen der deutschen Truppen wurde Josef Schad mehrmals mit seinem Kampfverband eigekesselt, konnte sich aber jedes Mal aus der tödlichen Umklammerung lösen. Josef Schad erkrankte in diese Zeit schwer, er hatte Fleckfieber, eine heimtückische Krankheit, die eine sehr hohe Sterbequote hatte. Nach weit über 100 Injektionen kam er in das Lazarett nach Jugenheim – endlich wieder einmal in der Heimat.

Während seines anschließenden Erholungsurlaubes heiratete er 1942 seine Braut Rosa. Es war eine sehr einfache und vor allen Dingen traurige Hochzeit, da noch vier Brüder und drei Schwäger in Russland waren. 

Im drauffolgenden Erholungsurlaub legte Josef Schad seine Schreinermeisterprüfung in Kassel ab und kam danach wieder zu seiner Einheit nach Russland. Trotz schwerer Kämpfe hatte er noch einige Male Urlaub; der letzte war im Dezember – Januar 1944/45. Mitte Mai 1945 geriet Josef Schad in russische Gefangenschaft. Im Lager Brijansk, weit hinter Moskau, arbeitete er drei Jahre lang in einer Lokomotiven Fabrik mit weiteren 12 000 Gefangenen. Er als Schreiner musste mit anderen die Gussformen herstellen. Die Verhältnisse waren so ärmlich, dass es kaum Werkzeuge für die Arbeiter gab. Mit Geschick und Organisationstalent baute er für sich und die Kameraden die notwendigen Werkzeuge aus Produktionsresten unter denkbar schwierigen Umständen. Nach einer schweren Anfangsphase entstand dann langsam so etwas wie Lagerleben.

Organisationstalent

Hierbei war es von Vorteil, dass praktisch jeder Beruf vertreten war. Die Gefangenen konnten sich nicht auf die russische Versorgung verlassen, sondern behalfen sich weitgehend selbst. Da es unter den Mitgefangenen neben einem Regisseur auch etliche Schauspieler und Bühnenarbeiter gab, beschloss man, eine Operette einzustudieren und später aufzuführen, die in der schlimmen Zeit für Ablenkung sorgen sollte. Die Idee war gut, aber die Ausführung weitaus problematischer. Da die russischen Aufseher nichts dagegen hatten, konnte, wohlgemerkt erst nach Feierabend, mit der Arbeit begonnen werden. Der Hauptbestandteil einer Operette ist die Musik. Im Lager waren genügend gut Musiker und auch Sänger vorhanden, die Instrumente jedoch Fehlten gänzlich. Die Handwerker waren wieder einmal gefordert. Josef Schad und die übrigen Schreiner bauten aus rohen Brettern die Streichinstrumente, die nicht einmal schlecht klangen. Alte Autolampen ergaben die Bühnenbeleuchtung, eine Bühnendekoration wurde gemalt und in den freien Stunden wurde geprobt. Dann kam endlich der Abend der Premiere mit der Operette „Im weißen Rössel am Wolfgangsee“, die ein voller Erfolg bei Feind und Freund wurde. Auf diese Art lenkten sich die gefangenen Kameraden vom grauen Lageralltag ab.

Schwierige Verbindung

Mittlerweile Schrieb man da Jahr 1947 und die Gelegenheit, sich mit daheim in Verbindung zu setzen, war sehr schwierig. Die Karte, die Josef Schad 1946 über das Rote Kreuz an seine Frau schrieb, kam ein Jahr später endlich in Deutschland an und eine von seiner Frau zurück. Nachdem er noch ein halbes Jahr in einem Waldlager beim Holzmachen helfen musste, kam er Anfang 1948 nach Moskau, um beim Häuserbau zu arbeiten.

Fensterbau in Moskau

In seiner Abteilung waren 12 Schreiner, die mit nur einem Hobel und einem Beil auskommen sollten. Wieder wurden mit viel Geschick und Improvisation die Benötigten Werkzeuge selbst hergestellt. Sie mussten Fenster für die neuen Häuser anfertigen. Kurios hierbei war, dass erst die Fenster hergestellt wurden, um dann nach deren Größe die Aussparungen im Mauerwerk zu lassen.

Josef Schad wurde im Mai 1948 aus der russischen Gefangenschaft entlassen und war kurz darauf endlich wider daheim in Rommerz.  Obwohl er körperlich geschwächt war, hatte er die Zeit als Gefangener einigermaßen gut überstanden, denn durch seine handwerklichen Fähigkeiten als Schreiner hatte er sich manches Stück Brot nebenher verdienen können. Doch kaum war er zu Hause, trat die Währungsreform in Kraft, die alles Geld über Nacht entwertete.

Eigene Schreinerei

Nachdem sich Josef Schad von seinen Kriegserlebnissen und auch von seiner schlimmen Krankheit zu Hause einigermaßen erholt hatte, machte er sich 1949 mit der Eröffnung einer Schreinerei selbstständig. In dieser Zeit ging es den Eheleuten ganz gut, so das auch an Familiennachwuchs zu denken war. Drei Kinder kamen 1949, 1951 und 1958 zur Welt.

Die Selbstständigkeit musste er 1957 aufgeben und beruflich bei der Firma Kali und Salz AG in Neuhof einsteigen. Im Jahre 1968 wechselte er zur Eika Kerzenfabrik in Fulda und von 1972 bis 1974 war er bei Elo Fertigbau.

Mit dem Jahr 1974 begann für Josef Schad ein neuer Lebensabschnitt, er wurde Rentner. Dies nutzte er aus und begann sein Wohnhaus zu verschönern. Neben mannigfaltigen Renovierungsarbeiten entstand durch seine geschickten Hände ein sehr behagliches Heim, in dem der Werkstoff Holz natürlich die größte Rolle spielt.

 

                                                       

Ein Klotz wird zur Figur

Seine Zeit verbringt Josef größtenteils in der Werkstatt, die direkt neben seinem Haus steht. In dieser Werkstatt entstand seine Liebe zum Schnitzen, das er vor gut zehn Jahren zum Hobby machte. Aus groben Klötzen aller Holzarten schnitzt er in langwieriger Arbeit die schönsten Figuren. Das er Eichenholz bevorzugt, spricht für seine Energie und Ausdauer. Seine liebsten Motive sind die heilige Familie, vor allen Dingen die Mutter Gottes und der Hl. Josef.

Proportionen vollkommener

Da Josef Schad das Schnitzen nicht erlernte, fällt bei einem Rundgang durch Haus und Hof dem Betrachter auf, dass im Laufe der Jahre die Proportionen der Figuren und der Ausdruck der Gesichter immer vollkommener wurden. Obwohl im Laufe der Zeit manche Figur mehrfach geschnitzt wurde, hat einen jede von ihnen ihre besondere unverwechselbare Note.

Heute ist Josef Schad 78 Jahre alt, versorgt Haus und Hof mit seiner Frau, die wie er noch sehr rüstig ist und regen Anteil am Zeitgeschehen nimmt. Sich noch viele Jahre seines Hobbys erfreuen zu können, sei Josef Schad herzlich gegönnt

 

 

                                              
  Figuren welche von Josef Schad geschnitzt wurden